Richard Pestemer – Seelenblicke

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Beschreibung

Im Gedichtband Seelenblicke – Haiku-Momente wird in Betrachtungen zur Natur, im Alltag, im Kosmos / Traumland und in unscheinbarsten Erlebnissen das unmittelbare Dasein aufgespürt und spontan durchlebt – dies in Dreizeilern in der 5-7-5- Silbenabfolge in der Tradition des japanischen Haiku.

Bunt die Weinberge:
So mild der sanfte Windhauch
Verspür ich Kühle

Blumen sind Seelen
Die alle unsere Träume
Tief in uns deuten

Trunkensein vor Glück:
All die kindlichen Bilder –
Kreide auf Asphalt

 

Buch-Rezension von Christoph Kotanyi

Bekanntlich ist das Selbstverständliche, das Augenfällige am schwersten zu erfassen und überhaupt wahrzunehmen. Schon unser einheimischer Nicolaus aus Kues, ein Steinwurf von Richard Pestemers Neunkirchen im Hunsrück nahe Trier geboren, thematisierte das in seine Vom Nichtanderen. Wie Pestemer uns erinnert, ist dafür unerlässlich, alles Bekannte zu vergessen, im Sinne wiederum der Gelehrten Unwissenheit des Kusaners, ein unter den einflussreichsten Bücher der europäischen Literatur, bewegte es doch Christoph Kolumbus zu seiner Schifffahrt gen Westen. Wie Pestemer mit eine dem Thema vielleicht mehr angemessener Einfachheit darstellt, geht es im klassischen japanischen Kunst des Haiku Gedichts um nichts anderes, als um dem Selbstverständlichem. Die Bezüge zur modernen Physik, möge man soviel gegen sie, als bedenklich ja bedrohlich, wie man will sagen, bieten sich unmittelbar an: verständlich ist sie nicht, bietet dafür, für wer dafür offen ist, einen tiefen Einsicht schon in die schiere Unfassbarkeit der sogenannten schlichten, materiellen Welt. Solche Einsicht nennt Pestemer den Haiku-Moment, und bietet dafür einen vollen Mass an Beispiele aus eigener Produktion, zum täglichen Genuss, aber auch in Gestalt seiner eigener Wiedergabe des grossen Klassikers über dem Sprung des Froschs ins Wasser, traditionell mit vornehme Würde übersetzt. Hier hört man nur einen „plopp“, mehr nicht. Mehr ist nicht zu sagen. Die Tiefe spricht für sich.

Richard Pestemer ist der Gefahr des kulturellen Tourismus, der unverbindlichen Anschluss an fernen Kulturen scheinbar wohl bewusst, dem so viele Anhänger der übrigens nur zu begrüssenden New Age Bewegung erlegen sind, auf der Suche nach einer Art konsumierbarer Esoterik. Verbindlichere Bezüge zu ost-asiatische Traditionen sind bekannt, von Eugen Herrigels Zen in der Kunst des Bogenschiessens bis zu Wilhelm Gunderts Bi Yän Lu. Auch die Nähe zu unserer einheimischer Mystik, vom Kusaners Trier bis zur Görlitz des Jacob Böhme, müssen wir nicht nochmal betonen, auch das gesamte Werk des Letzteren kann ja als eine einzige monumentale philosophische Gedicht aufgefasst werden, dem Geist des Surrealismus nicht ganz unähnlich. Den von Pestemer angebotene Zutritt zum klassischen japanischen Tradition des Haiku würde ich auch der Phänomenologie Edmund Husserls anschliessen, mit ihrem Betonung von Erlebnis und Lebenswelt. Der Haiku-Moment ist kein Begriff und keine Lehre, sondern ein Erlebnis, im ganz alltäglichem Sinn des Worts. Allerdings im Vergleich zum alltäglichen eher bereinigt, im Sinne wieder von was unsere eigene, auf den Griechen zurückgehende philosophische Tradition den Kairos nannte, den Augenblick der Einsicht, täglich tausendmal erlebt aber nur so selten überhaupt wahrgenommen, geschweige von festgehalten. Festhalten lässt er eben sich nicht, da er, wie schon Johannes Kepler bemerkte, „fast nichts“ ist.

Anders als diese Kommentare, protzt Pestemers Seelenblicke nicht mit zu viele intellektuelle Verweise. Vielleicht könnte man sogar sein bescheidener Anspruch dieser grosser dichterischer Tradition angemessener finden. Haiku-Kenner, wie auch Kenner der japanischen Kalligraphie oder des japanischen Flötenspiels, stelle ich mir eher Weinschmeckern ähnlich vor, deren Können, wie mir scheint, durch langjährigem Übung ausgebildet wird. Auch hier liegt die Würze in die Kürze, in sogar eine sehr formale: vierzehn Silben, keins mehr, keins weniger. Das Buch ist auch nicht zum Studieren da, sondern zum Schmecken, häppchenweise.

Zusätzliche Informationen

Abmessungen

15.7 x 1.7 x 21.6 cm

Gebundene Ausgabe

200 Seiten

Herausgeber

Kid Verlag; 1. Edition (15. Juli 2020)

ISBN-10

3947759509

ISBN-13

978-3947759507

Sprache

Deutsch

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