Der Wawerner Jesuitenberg ist ein schmaler Streifen innerhalb des Weinbergs „Wawerner Ritterpfad“. Der Name Jesuitenberg geht auf einen kirchlichen Ursprung zurück. Schon seit 1994 wird die Lage beim Ort Wawern vom Kanzemer Weingut Dr. Frey biologisch bewirtschaftet. Dadurch hat dieser Streifen auf umfassende Weise ein eigenes biologisches Innenleben gebildet. Auf dem lehmigen, steinigen und skeletthaltigen roten Schieferhängen fühlen sich Eidechsen und die seltenen Ödlandschrecken wohl.
Im Weinbau gibt es seit dem Klimawandel vermehrte Probleme mit der Wasserverfügbarkeit in den Weinbergen. Die langen Trockenperioden sorgen dafür, dass Winzer häufig ihre Weinberge wässern müssen oder gar Bewässerungssysteme installieren.
Wenn Reben zu lange unter Trockenstress leiden, kann dies nicht nur zu Mengeneinbußen, sodern auch zu Qualitäseinbußen führen. Der Trockenstress kann ungewollte Bitternoten im Wein verursachen. Gleichzeitig kommt es mit dem Klimawandel zu häufigeren Extremwetter-Ereignissen. Starkregen kann dazu führen, dass die durch die Trockenheit weniger gefestigten Böden den Steilhang hinunter gespült werden.
Schließlich wird im Wawerner Jesuitenberg derzeit der Mehrfruchtanbau bei der Bewirtschaftung der Weinbergsfläche erforscht: Es werden mehrere unterschiedlichen Nutzpflanzenarten nah aneinander gemeinsam gepflanzt und bewirtschaftet. Das Grundmodel wurde schon im 15. Jahrhundert in Sachsen getestet. Dort wurden noch Erdbeeren in den Weinbergen gepflanzt.
Im Steilhang des Wawerner Jesuitenbergs wird dagegen mit Kräutern zwischen den Rebstöcken experimentiert. Der Hang ist an der Oberfläche durch eine steinige Lehmschicht bedeckt. Die enge ökologisch bewirtschaftete Rebzeile des Weinbergs hat schon zuvor das ein oder andere Wildkraut angelockt. Daran haben sich die Freys orientiert und verwandte Kräuter angepflanzt.
Die Wahl fiel auf Oregano und Thymian. Hinzu kommt der grieschiche Bergtee. In Zukunft ist es geplant neben den Weinen auch Vermarktungsversuche für die Kräuter zwischen den Reben zu starten.
Im Jahr 2021 veröffentlichten Forscher der Universität erste umfassendere Ergebnisse1. Gerade was die Qualität des Weines angeht, gibt erste klare Indizien, dass das Diverfarming-Projekt einen positiven Einfluss hat. Dhr. Manuel Seeger von der Uni Trier formuliert es wie folgt: „Zwar wurde durch den Anbau aromatischer Kräuter die Produktivität der Reben geringfügig reduziert, aber dieser leicht negative Effekt wird durch die klare Verbesserung der Mostqualität ausgeglichen. Durch einen hohen Öchslegrad und den richtigen Säuregehalt sind die Grundvoraussetzungen für einen sehr guten Wein da“, sagt Felix Dittrich, der als Doktorand im Projekt forscht.
Oben: Forschungsequipment im Weinberg links & Kräuter auf rotem Schiefer an Rebe rechts.
Die Kräuter und Reben wachsen auf einem Weinberg auf dem schon an der steinigen sowie lehmigen Oberfläche überall der rote Saarschiefer sichtbar ist. Dieses Schiefergestein unterscheidedet sich vom klassischen Schiefer der Mittelmosel durch seinen sehr hohen Eisengehalt. Gleichzeitig verläuft unter dem Weinberg eine Quarzitader. Auch Quarzite fallen durch eine Besonderheit auf. Die Quarzite am Jesuitenberg sind eisenhaltig und daher rötlich gefärbt. Ansonsten kennt man diese Quarzite vor allem in weißer Farbe. Solche Gesteinszusammensetzungen findet man auch am etwas kühleren Wiltinger Scharzhofberg.
Oben: Eisenhaltiger roter Saarschiefer
Oben: Quarzitgestein vom Jesuitenberg
Die Böden und die Bewirtschaftung beeinflussen den Stil der Weine entscheidend mit. Der Weinberg wird beinahe ausschließlich per Handarbeit bewirtschaftet. Die große Steigung kann die Arbeit in den kühlen Wintermonaten und an den heißen Sommertagen zusätzlich erschweren. Außerdem wird aufgrund der Qualitätsfokussierung auf niedrige Erträge gesetzt. Diese liegen in einigen Jahren sogar deutlich unter 30 Hektoliter pro Hektar. In den vergangenen zehn Jahren lag der durchschnittliche Ertrag pro Hektar für Riesling in Deutschland mindestens bei 58,4 Hektolitern.
Der Wawerner Jesuitenberg liegt in einem etwas wärmeren Seitental der Saar am Saarkanal. Dieser Steilhang befindet sich nordöstlich des Ortes Wawern. Durchschnittliche Jahrtemperaturen von 10,6°C und knapp 1600 Sonnenstunden im Jahr sorgen für ein ausreichendes Reifepotential. Dennoch besteht gerade in den unteren Parzellen, in denen der Weißburgunder gepflanzt ist eine erhöhte Gefahr von Frühjahrsfrösten. Oberhalb wird der Weinberg durch eine über 100 Jahre alte Mauer und den Wald vor Winden geschützt.
Besucher haben Figuren aus Stein auf der Mauer oberhalb des Weinberges gebaut.
Die Weine vom Jesuitenberg zeichnen sich durch dezente Fruchtnoten und Trockenfruchtaromen aus. Dabei geben die Quarzite den Weinen eine leicht verstärkte Betonung tropischer Früchte. Inbesondere beim Abgang ist eine komplexe Vielfalt an kräutrigen, mineralischen und salzigen Aromen schmeckbar. Dank des roten Saarschiefers und des etwas kühleren Klimas fehlt es nie an der notwendigen Säure, um den Weinen die notwendige Spannung für großartige Weine zu geben. Folglich entstehen auf dem Wawerner Jesuitenberg sehr gut strukturierte Weine.
Die Rieslinge weisen selbst im trockenen Bereich eine gute Lagerfähigkeit aus. Gerade durch die einzigartige Geologie, die Vielfalt des Bodenlebens und die auf Topqualität fokussierten Ausbaumethoden des Weinguts Dr. Frey aus Kanzem, entstehen selbst im trockenen Bereich äußerst langlebige Weine, die das Terroir estrem präsise wiedergeben. Der Charakter und der Stil des Weingutes kommt nach einigen Jahren Reife in der Flasche noch deutlicher hervor.
1. Dittrich, Felix & Iserloh, Thomas & Treseler, Cord & Hüppi, Roman & Ogan, Sophie & Seeger, Manuel & Thiele-Bruhn, Sören. (2021). Crop Diversification in Viticulture with Aromatic Plants: Effects of Intercropping on Grapevine Productivity in a Steep-Slope Vineyard in the Mosel Area, Germany. Agriculture. 11.
Universität Trier (2021): Besserer Wein durch Oregano und Thymian.
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